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Presse

Hier dokumentieren wir aktuelle Presseartikel über Christian Stockmann und das Cafe Mandelzweig:

 


 

1. April 2022 – indymedia

Die Freedom Parade und die Querdenker*innen Treffpunkte in Berlin Wedding

Prinzenallee 82

Der Berliner Norden, speziell Pankow, Wedding und Prenzlauer Berg sind in den letzten Wochen und Monaten zum Hauptschauplatz in der Auseinandersetzung um die, sich von Rechten und Pandemieleugner*innen angeeigneten, sogenannten „Montagsspaziergänge“ und zum beliebten Aufmarschgebiet für die letzten größeren angemeldeten Demonstrationen aus diesem Spektrum, geworden. Besonders aggressiv wird die Auseinandersetzung um den Platz vor der Gethsemanekirche in Prenzlauer Berg geführt. Hier versuchen mit Kameras bewaffnete Aktivist*innen der Gruppe „Freedom Parade“ seit Wochen den Gegenprotest der Anwohner*innen einzuschüchtern. Parallel dazu ruft ein Bündnis verschiedener verschwörungsideologischer Gruppen aus Berlin regelmäßig zu Demonstrationen im Rahmen einer sogenannten „Demo-Tour“ auf. Auffallend häufig führen diese Demonstrationen durch Weißensee, Pankow, Wedding und Prenzlauer Berg. Ein anderes Bündnis aus dem gleichen Spektrum steuert regelmäßig vom Alexanderplatz aus Prenzlauer Berg an. Zusätzlich endet oder startet an verschiedenen Plätzen im Wedding immer wieder ein Autokorso der rechten Gruppe „Freie Geister“, die inzwischen auch für die Aufmärsche ab Alexanderplatz verantwortlich zeichnet. Auch der Weddinger Nettelbeckplatz wird von Gruppen dieses Spektrums, speziell der Partei „Die Basis“ und den sogenannten „Freien Linken“ auffallend häufig für Standkundgebungen genutzt. Warum diese Häufung an Aktionen im Norden? Wer steckt hinter den aggressiven Aktionen der „Freedom Parade“ um die Gethsemanekirche, wer hinter den angemeldeten Demonstrationen des „Wir sind Viele“ Bündnisses? Und warum fokussieren diese sich zunehmend auf den Wedding und Prenzlauer Berg?

 

Antisemitische Provokationen, Reichsbürger und Geschichtsrevisionismus – Michael Bründel und seine „Freedom Parade“

Michael Bründel (1) ist ein Urgestein der Berliner Coronaproteste. Neben seinem schrillen Auftreten und seinem zur Schau gestellten Hedonismus, ziehen sich aber besonders seine öffentlichen Auftritte mit bekannten Neonazis wie Nikolai Nerling oder diversen AfD-Politikern wie ein roter Faden durch seinen Aktionismus. Für Michael Bründel genügt es, ein durchgestrichenes Hakenkreuz auf seinen Laptop zu kleben, um gleich im Anschluss ganz problemlos mit Holocaustleugnern, Antisemiten und anderen rechten Hetzern am Mikrofon oder auf der Straße zu stehen. Das ist bei Bründel allerdings keine Naivität, sondern Kern seines Konzepts. Seit seinen ersten Auftritten, nutzt er dieses Vorgehen, um ganz „unpolitisch und zufällig“ mit dem Who-Is-Who der radikalen Rechten aufzutreten und sie so mindestens zu normalisieren. Spätestens seit Mitte 2021 genügte ihm dies allein offenbar aber auch nicht mehr. Michael Bründel begann nun mit bekannten rechten Akteuren gemeinsame Aktionen anzumelden und durchzuführen. Am 20.07.2021 versuchte Michael Bründel mit dem rechtsradikalen Youtuber Stefan Bauer (2) am Denkmal für die ermordeten Juden Europas „den Impftoten in Israel“ zu gedenken. Bauer provozierte bereits im Vorfeld mit ähnlichen Aktionen direkt am Mahnmal und hatte vor der KZ-Gedenkstätte Mauthausen Corona-Impfstoffe mit Zyklon B verglichen. Michael Bründel, Stefan Bauer und Susanne Köhler (3) (Freundin von Michael Bründel und aktives Mitglied der „Freedom Parade“) konnten die Aktion, begleitet von Gegenprotesten, schließlich am Tiergarten durchführen. Zum Denkmal für die ermordeten Juden Europas durften sie nicht ziehen. Am 01.08.2021 provozierte Philip Schnurr (11), ebenfalls Mitglied der „Freedom Parade“, am Holocaust-Mahnmal und wurde dort festgenommen. Die „Kommunikationsstelle Demokratischer Widerstand“ um Anselm Lenz und Hendrik Sodenkamp verlieh Michael Bründel für seine antisemitischen Provokationen am Holocaust-Mahnmal den „Preis der Republik“. In Empfang nahm Bündel diesen im Cafe Mandelzweig in der Seestraße 101 in Berlin Wedding.

Neben seinen Aktionen betreibt Michael Bründel seit zwei Jahren auch einen Telegram Kanal, auf welchem immer wieder eindeutig antisemitische Inhalte geteilt werden. Im Februar 2022 trat Michael Bründel auf Einladung des Schweizer Neonazis Ignaz Bearth (4) vor der, von Bearth und seiner Freundin Bettina Lube (5) gegründeten, „Volksgemeinschaft am Balaton“ auf. Vor dem Auftritt von Michael Bründel sprach Bearth von einer angeblich drohenden „Afrikanisierung“ und dem „Austausch der Ungarn“. Er sei, zusammen mit dem ehemaligen Freedom Parade Mitglied Bettina Lube, nach Ungarn gezogen, weil Ungarn „noch weiß, europäisch und christlich“ sei. Mit den beginnenden „Montagsspaziergängen“ schließt sich die Gruppe um Michael Bründel, neben dem wöchentlichen Aufmarsch des Neonazis Eric Graziani, mit Vorliebe dem „Spaziergang“ in Prenzlauer Berg an. Dieser sammelte sich meist auf dem Platz vor der Gethsemanekirche. Als den Pandemieleugner*innen dieser Treffpunkt durch Proteste einer Anwohner*innen-Initiative genommen wird, reagiert Bründel, indem er zusammen mit Susanne Köhler regelmäßig die Kundgebungen der Initiative zu stören versucht, und sich und die Teilnehmer*innen währenddessen filmt. Seit Kurzem meldet die Gruppe nun, unterstützt durch Mitglieder der, ebenfalls durch antisemitische Äusserungen von Funktionären aufgefallenen, Partei „Die Basis“, Demonstrationen an, um wieder geschlossen bis auf den Platz vor der Gethsemanekirche ziehen zu können.

 

Netzwerktreffen und antimuslimischer Rassismus – Das Cafe Mandelzweig in der Seestraße 101

Die letzten großen Demonstrationen des verschwörungsideologischen Spektrums in Berlin am 16., 17. und 18. März 2022 hatten eines gemeinsam: Ein zentraler Redner und Akteur war an jedem dieser Tage der rechtsradikale Evangelikale Christian Stockmann. Stockmann ist Gründer der Gruppe „Christen im Widerstand“, zeichnet verantwortlich für eine der aktuell wichtigsten Broschüren der radikalen Impfgegner*innen und betreibt das evangelikale Cafe Mandelzweig sowie impfkritische und islamfeindliche Internetseiten. Auf seinem privaten Blog schreibt der Rassist Stockmann so zum Beispiel: „Uns muß klar sein, dass jeder überzeugte Moslem kaum Schuldgefühle bei eine Vergewaltigung einer europäischen Frau hat, da ihm Seine Religion klar macht, dass alle weißen Frauen (ohne Kopftuch) Huren sind und nichts anderes verdienen als vergewaltigt zu werden.“[sic]. In seinem Cafe Mandelzweig in der Seestraße 101 in Berlin Wedding trifft sich nicht nur Stockmanns kleine evangelikale „Mandelzweig Gemeinde“, sondern auch diverse Gruppen des verschwörungsideologischen Spektrums aus Berlin, darunter die Partei „Die Basis“. Doch das Cafe Mandelzweig dient auch für größere Vernetzungstreffen und zur Vorbereitung von Demonstrationen. Im Vorfeld der letzten Demonstration der Berliner „Demo-Tour“ des Bündnisses „Wir sind Viele“ am 05.03.2022, trafen sich in der Seestraße 101 Vertreter*innen der meisten Berliner Pandemieleugner*innen-Gruppierungen. Anwesend bei dem Treffen am Abend des 22.02.2022 waren neben Christian Stockmann (6) („Christen im Widerstand“) auch Karsten Wappler (7) („Die Basis“), Jan Stracke (8) (Autokorso „Freie Geister“) und „Dolli“ (9) („Von Mensch zu Mensch“ / „WIR – Stoppen die Impfpflicht“). Das Cafe Mandelzweig in der Seestraße 101 ist für die Szene der Berliner Pandemieleugner*innen der aktuell wichtigste Treffpunkt.

Mehr Informationen über das Cafe Mandelzweig und den evangelikalen Rassisten Christian Stockmann gibt es beim Berliner Bündnis „Weg mit dem Cafe Mandelzweig!“ unter www.mandelzweig.noblogs.org

 

Party mit Reichsbürgern und Antisemiten – Die Prinzenallee 82

Die letzten Jahre nutzte Michael Bründel sowohl für Treffen, als auch für die Partys der „Freedom Parade“ seine Wohnung in der Warschauer Straße 31 in Berlin Friedrichshain. Doch auch im vergangenen Jahr gab es bereits auffällige Verbindungen der Gruppe um Bründel in den Berliner Norden. Am „Tag der Befreiung“, am 08.05.2021 provozierte die „Freedom Parade“, zusammen mit anderen Akteuren des verschwörungsideologischen Spektrums, eine Schlägerei mit Antifaschist*innen im Görlitzer Park in Kreuzberg. Neben Steve Schramm (10) und Philip Schnurr (11) fiel dabei u.a. ein bulliger Fascho in rotem Yakuza-Hoodie (12) auf, der als Bründels „Security“ fungierte. Zu besagter Person gehörte zu dieser Zeit eine kleine, aggressive Gruppe, die einige Male mit der „Freedom Parade“ auftauchte, sich sonst aber vor der „Sportsbar OVERTIME“ in der Wollankstraße 104 oder im nahegelegenen Bürgerpark Pankow traf. Auch bei Treffen im Cafe Mandelzweig in Wedding war Michael Bründel natürlich mehrfach anwesend. Seit einigen Monaten nutzen Bründel und seine Gruppe nun eine neue Location, wenig überraschend ebenfalls im Berliner Stadtteil Wedding. Der langgezogene Hinterhof der Prinzenallee 82 und eine Wohnung im Seitenflügel 1.OG rechts des gleichen Hauses, dient den Mitgliedern der „Freedom Parade“ und deren Umfeld für Partys, Videodrehs und Treffen im Anschluss an Demonstrationen in Mitte und Wedding. Auch nach der „Demo-Tour“ Demonstration des „Wir sind Viele“ Bündnisses am 05.02.2022 nutzte die „Freedom Parade“ den Hof der Prinzenallee 82 für ein abendliches Besäufnis mit Feuertonne. Anwesend waren an diesem Abend in der Prinzenallee 82 ca. 15 Aktive der „Freedom Parade“, darunter neben Michael Bründel selbst auch Oliver Becker (13), der neben seinen Aktivitäten bei der „Freedom Parade“ auch auf Reichsbürger-Kundgebung zu finden ist.

Inzwischen fühlt man sich im Wedding offenbar schon so sicher, dass Partys der Berliner Querdenker*innen in der Prinzenallee 82 öffentlich in Telegram Gruppen der Szene beworben werden. So fand am 19.02.2022 eine als „Hausfest des Widerstands in der P82“ angekündigte Feier statt, zu der zahlreiche bekannte Köpfe der Berliner „Freedom Parade“ und anderer Gruppen anwesend waren. Mit der Prinzenallee 82 verfügt die Berliner Querdenker*innen-Szene nun, neben dem, als Materiallager und für Vernetzungs- und Gruppen-Treffen genutzten, Cafe Mandelzweig in der Seestraße 101, über eine zweite Räumlichkeit im Wedding. Es verwundert also nicht weiter, dass der Bahnhof Gesundbrunnen und der Leopoldplatz in immer kürzeren Abständen als Start- und Endpunkte für verschiedene verschwörungsideologische Aufzüge dienen, dass der Druck auf die Anwohner*innen-Initiative vor der Gethsemanekirche aufgrund von angemeldeten Aufmärschen aus Pankow weiter steigt und dass der Nettelbeckplatz von Rechten, Evangelikalen und radikalen Impfgegner*innen als sicherer Ort für fröhliche Feste und Infostände betrachtet wird. Der Berliner Norden und ganz besonders der Stadtteil Wedding sind zum Rückzugsort und zur beliebten Partylocation einiger der bundesweit wichtigsten Gruppen dieses Spektrums geworden.

 

Coronaleugner*innen raus aus dem Wedding!

Die Annahme, dass diese Akteure mit sinkenden Inzidenzen und fallenden Corona-Beschränkungen einfach verschwinden werden, ist so gefährlich wie falsch. Die „Freedom Parade“ und Michael Bründel verbreiten ihre Verschwörungsideologie und ihren Antisemitismus auch ganz ohne Pandemie, satteln schon seit Wochen auf Leugnung des Klimawandels und aktuell auf die Verbreitung von Fake-News und russischer Kriegspropaganda zum Krieg in der Ukraine um. Die „Christen im Widerstand“ betreiben, neben der Verbreitung ihrer Broschüre zu den Corona-Impfstoffen, wie schon vor der Pandemie, rechte und christlich-fundamentalistische Kiezarbeit im Wedding und hetzen täglich gegen Muslime, Homosexuelle oder Abtreibungen. Der Wedding muss dem Problem im Kiez ins Auge sehen und dazu gehört in erster Linie, die Räumlichkeiten und Infrastruktur von rechten und verschwörungsideologischen Gruppen nicht weiter zu dulden. Das Cafe Mandelzweig muss ebenso verschwinden wie die Pandemieleugner*innen-Partys in der Prinzenallee 82!

Das Konzept der sogenannten „Demo-Tour“ des „Wir sind Viele“-Bündnisses war es bisher, mit jeder Demonstration einen neuen Kiez in Berlin anzusteuern. Am 05.02.2022 marschierte die Demonstration vom Alexanderplatz mit Ziel Gesundbrunnen in den Wedding. Am 05.03.2022 startete die gleiche Demonstration am Gesundbrunnen und marschierte quer durch den Wedding zum Leopoldplatz. Am Samstag, den 02.04.2022 soll nun die „Demo-Tour“ am Nettelbeckplatz im Wedding starten. Die Bezirke zu wechseln hat man offenbar aus dem Konzept gestrichen, da es im Norden einfach zu gemütlich ist. Stattdessen marschiert man nun in den Wedding, durch den Wedding oder aus dem Wedding heraus. Es wird höchste Zeit, dass der Wedding sich konsequent wehrt! Weg mit dem Cafe Mandelzweig! Schluss mit den Schwurbel-Partys in der Prinzenallee 82! Kein Raum für Rechte und Verschwörungsideologien!

Solltet ihr Informationen zu Michael Bründel, der Freedom Parade und ihren Mitgliedern, der Prinzenallee 82 oder anderen Orten oder Personen der Berliner Querdenker*innen-Szene haben, schreibt uns an: querdenkenwatchberlin(at)protonmail.com

Quelle: https://de.indymedia.org/node/181082

 


 

Januar 2022 – PLUMPE Weddinger Kiezzeitung

 


16. Dezember 2021 – SÜDKURIER

Über den Missionar Christian Stockmann und seine Mandelzweig-Christen

Sandra Kemp ist Beauftragte für Weltanschauungsfragen in der evangelischen Landeskirche in Baden. Wir haben sie zum Verein „Mandelzweig“ befragt, der im Friedrich-Hecker-Gymnasium Broschüren ausgelegt hat.

von Georg Becker

Frau Kemp, wie ist der Verein „Mandelzweig“ zu bewerten – als Sekte?

Der Verein „Mandelzweig“ wurde in Berlin-Wedding gegründet. Das dortige Cafe Mandelzweig ist ein missionarisches Gebetshaus, das unter dem Motto „Schmecken und sehen wie freundlich Gott ist“ agiert. Geleitet wird es von Christian und Dorothea Stockmann. Er und die Mandelzweig-Gemeinde waren bis März 2020 im Bund freikirchlicher Pfingstgemeinden. Der Bund hat sich klar von ihm und seinen Äußerungen in Bezug auf die Corona-Regelungen distanziert. Bei der Mandelzweig-Gemeinde handelt es sich um eine christlich-fundamentalistische Gemeinschaft, deren Leiter sich immer mehr der politischen Position der AfD angenähert hat und durch rechtsextreme und verschwörungsideologische Äußerungen auffällt.

 

Was sind die Ziele dieser Weltanschauungsgemeinde?

Ihren Auftrag sieht die Mandelzweig-Gemeinde darin, allen Menschen von ihrem Glauben an Jesus Christus zu erzählen. Sie leben und verstehen die Bibel wörtlich. In dieser Überzeugung verwerfen sie alles Fremde und bauen ein starkes dualistisches Weltbild auf.

 

Sind ihre Strukturen und Ziele mit dem Grundgesetz aus Ihrer Sicht vereinbar?

Grundsätzlich haben wir in Deutschland eine positive Religionsfreiheit. Daher ist der Wunsch und das Ziel der Mandelzweig-Gemeinde, die Missionierung der Menschen in Deutschland, mit dem Grundgesetz vereinbar. Was kritisch betrachtet werden muss, sind Äußerungen des Gemeindeleiters Christian Stockmann. Wenn er dazu aufruft, gegen geltende Corona-Regelungen zu verstoßen, und fremdenfeindliche und demokratiefeindliche Äußerungen tätigt, dann muss man sehr genau hinschauen. Christian Stockmann ist auch Begründer des Netzwerkes „Christen im Widerstand“, welches durch ihn Beziehung zur Mandelzweig-Gemeinde hat. Ich vermute, es gibt sehr viele Überschneidungen zwischen den Menschen, die in Berlin die Gottesdienste der Mandelzweig-Gemeinde besuchen, und den aktiven Mitgliedern im Netzwerk Christen im Widerstand. Auf ihrer Homepage findet man eine Netzwerk-Karte, auf der Mitglieder angezeigt werden. Innerhalb von Baden gibt es einige Treffer, darunter auch in Radolfzell.

Quelle: https://www.suedkurier.de/region/kreis-konstanz/radolfzell/ueber-den-missionar-christian-stockmann-und-seine-mandelzweig-christen;art372455,10996503

 


 

10. Dezember 2021 – ZEIT ONLINE / Störungsmelder

Freikirchen:Gottesfürchtig und verschwörungsgläubig

Ein Pastor glaubt an die große Verschwörung: Als rechter Menschenfänger will der Leiter einer Berliner Freikirche Untergrundstrukturen für Ungeimpfte aufbauen.

Von Dominik Lenze

Um 19 Uhr fallen die Rollläden im Café Mandelzweig, einer freikirchlichen Gemeinde im Berliner Stadtteil Wedding. Wer jetzt noch gemeinsam mit Christian Stockmann Gott erleben will, muss sich vorher per SMS angemeldet haben. Nicht nötig sind Impfpass oder negativer Corona-Test. Vor dem Fürbittengebet warnt der Pastor freundlich lächelnd: „Es kann sehr intensiv werden.“ Wem das zu viel werde, könne kurz rausgehen und frische Luft schnappen, aber: „Bitte nicht die Tür offenlassen, sonst haben wir direkt wieder die Polizei hier drinstehen.“

Doch die angebliche Corona-Diktatur schlägt nicht zu an diesem Abend. Es gibt Musik und Gesang, ab und an springt jemand aus dem Kreis der Gläubigen auf, spricht spontan ein Gebet und breitet die Arme aus. Ein anderer legt sich die Hand aufs Herz, schließt die Augen und seufzt „Halleluja“, während Stockmann in Hingabe am Keyboard versinkt. Ein Überschuss an Ekstase ist in Freikirchen nicht unüblich. Die verschwörerische Hinterzimmeratmosphäre schon. Aber das Café Mandelzweig ist auch nicht irgendeine Freikirche, sondern zentraler Treffpunkt für Verschwörungstheoretiker in Berlin.

Schon zu Beginn der Pandemie war Pastor Stockmann überzeugt, dass die Corona-Krise die Apokalypse einläute: „Wir sind mittendrin im Buch der Offenbarung“, sagte er in einer Predigt. Teuflische Mächte würden eine „Weltregierung“ vorbereiten. Die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus verglich er mit der NS-Diktatur, was er in seiner Ansprache mit einem Hitlergruß unterstrich. Bald sprach und sang er auf mehreren Querdenker-Demonstrationen und gründete gemeinsam mit seiner Frau die Gruppe Christen im Widerstand. Der Bund freikirchlicher Pfingstgemeinden hat sich inzwischen von dem Verschwörungsprediger distanziert.

 

Ein angeblicher Kampf gegen das Böse

In der Querdenker-nahen Partei Die Basis hat Stockmann eine neue Gemeinschaft der Gläubigen gefunden. Verschwörungsideologen treffen sich mittlerweile wöchentlich im Café Mandelzweig. In denselben Räumen bietet das Café Schuldnerberatung an oder lädt zur offenen Suppenküche. Berichten von Anwohnern zufolge soll sich Stockmann auch als Streetworker in der Trinkerszene am nahen Leopoldplatz versucht haben.

„Prediger wie Stockmann wirken durchaus sympathisch, die Stimmung in den Gemeinden ist angenehm bis kuschelig – aber nebenbei werden staats- und demokratiefeindliche Botschaften verbreitet“, sagt der Theologe Martin Fritz. Für die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen hat er sich mit christlichen Gruppen am rechten Rand befasst. Nicht wenige stammen aus dem freikirchlichen Bereich. Dort seien zum größten Teil seriöse und vernünftige Menschen anzutreffen – es gebe aber „bestimmte Frömmigkeitsformen“, die Staat und Wissenschaft ablehnen: „Da gibt es die Vorstellung: Hier ist die fromme Gemeinde und da draußen die gottlose Welt – der dann auch der säkulare Staat zugerechnet wird.“ In diesem Punkt würden sich radikale Christen und verschwörungsgläubige Querdenker ähneln.

Stockmann sieht sich schon länger im Kampf gegen finstere Mächte. Aus seiner Sicht sind das zum Beispiel die „LGBTI-Bewegung“ und die „Frühsexualisierung von Kindern“, wie er in seinem Blog darlegt: „In Deutschland kämpfen wir (weiß) für JESUS, unseren König, und den Sieg des Guten – gegen die bösen Mächte (schwarz).“ Zu den Mächten des Guten zählt er unter anderem die AfD und Erika Steinbach, die Vorsitzende der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung.

 

Fake News in der Freikirche

Mit Rechten und verschwörungsgläubigen Extremisten hat der Geistliche kein Problem: Stockmann steht dem Querdenken-Aktivisten und ehemaligen AfD-Politiker Heinrich Fiechtner nahe, der diesen Sommer zu Attentaten aufgerufen hat. Auch leugnet er auf dem Blog den menschengemachten Klimawandel, die Evolution und hetzt gegen Muslime. Aussagen, die Theologe Fritz nicht verwundern: „Am rechten Rand des freikirchlichen Spektrums ist Feindschaft gegen den Islam ein fester Topos.“

Stockmanns Herzthema scheint allerdings der Kampf gegen die Corona-Impfung zu sein: Stapelweise Broschüren liegen im Café Mandelzweig aus, in deutscher und russischer Sprache. Sie wirken auf den ersten Blick seriös, enthalten aber seitenweise falsche oder irreführende Behauptungen über die Impfung. Darin bezieht sich Stockmann auch auf den bekannten Corona-Verharmloser Sucharit Bhakdi. Der ehemalige Mediziner hat zwei Bücher voller Falschinformationen über das Virus auf den Markt gebracht und war Bundestagskandidat für Die Basis. In einem Interview behauptete er außerdem, die Juden hätten während der NS-Zeit „das Böse“ gelernt und würden es nun in Israel umsetzen – in Form der Corona-Maßnahmen.

Auf Störungsmelder-Anfrage teilt Stockmann mit, es sei „völlig absurd“, Bhakdi als Antisemiten zu bezeichnen. Auch die Nähe der Querdenker-Szene zu bekannten Rechtsradikalen bestreitet er: „Wer weiß auch, wie die da überhaupt reingeschleust worden sind.“ Überhaupt, er sehe sich nicht als Teil der Berliner Querdenker-Szene, sondern als „einen überzeugten Nachfolger Jesu, der zu biblischen Werten steht“.

Inzwischen hat Stockmann offenbar einen neuen Auftrag von seinem Herrn empfangen: Da angeblich bald alle Menschen auf der Welt zur Impfung gezwungen würden, brauche man dringend „Untergrundorte, wo wir uns so treffen, dass niemand das mitbekommt“, so lautet sein Appell in einem YouTube-Video. Man müsse Bauernhöfe in Ungarn, Sachsen oder Österreich kaufen. Der Prediger ist ganz beseelt von der Idee: „Wir werden mit unserem Gott mächtige Taten tun“, sagt er an seine Anhänger gerichtet – „Amen“.